„Ich dachte, das Haus ist groß und dass man die Kanonenkugeln sehen kann. Auf jeden Fall will ich es hier schöner machen.“ Jacob Porsch, Siebtklässler der Freien Mittelschule Gohlis, ist beim Vor-Ort-Termin am Lindenauer Apostelhaus, Apostelstraße 20, etwas verwirrt. So ein kleines, morsches Gebäude inmitten intaktem Umfeld hat sich der Zwölfjährige nicht vorgestellt.
Morgen, am bundesweiten Tag des offenen Denkmals, macht er und neun Mitschüler von 11 bis 16 Uhr mit, den 2007 aus dem rund 250 Jahre alten Gebäude hinausgetragenen Schutt zu beseitigen. Früher gab es hier zwölf baugleiche Häuser im ehemaligen Rittergut – Hausnummer 20 ist das letzte verbliebene. Die zwei kleinen Löcher über den größeren Fensteröffnungen an der Schmalseite erinnern tatsächlich vom Gedenken an mindestens zwei Kanonenkugeln. Sie wurden seinerzeit Napoleons Mannen bei ihrer Flucht aus Leipzig hinterhergedonnert – zweitrangig, ob sie an genau dieser Fassadenstelle hineinkrachten oder von den Nachfahren mahnend in die Wand eingemauert wurden.
Besitzer Ralf-Detlef Kohl will das von seinen Großeltern vererbte Haus sanieren lassen und mittel- bis langfristig historisches Handwerk als musealen Raum ansiedeln (hallo! berichtete). „Damit eure Generation erleben kann, was damals hier passierte“, schaut er die vier Jungs ernst an. „Ich will der Gesellschaft etwas Gutes tun. Zu Hause helfe ich auch meinem Opa im Hühnerstall und im Hof“, erwiedert Schüler Daniel Cranz in feierlichem Ton. „Weniger gaffen, mehr schaffen“, versieht er diese ungewöhnliche Sonntagsarbeit mit einem eigenen Motto.
Bei der Tauschbörse „Sozialer Marktplatz“ handelte Kohl für morgen einen Gratis-Container von der Firma Limes Wohnbau GmbH aus. Nach der fünfstündigen Schipperei werden die Schüler mit einer Grillrunde belohnt, ihre Lehrerin wird zuvor mit Kuchen kommen. […]
Andreas Krüger, „Schüler beräumen das Apostelhaus“, hallo!, Seite 5, 10.9.2011